Die Eigenverwaltung erfolgt durch die Geschäftsleitungsorgane eines Unternehmens (also z.B. die Geschäftsführer der GmbH oder den Vorstand der AG). Die Einflussmöglichkeiten der Überwachungsorgane (z.B. Aufsichtsrat, Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung) auf die Geschäftsleitungsorgane werden mit der Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung zurückgedrängt. Außerhalb des Insolvenzverfahrens bestehende Weisungs- und Kontrollrechte sind schon ab der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ausgeschlossen, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist. Die Überwachungsorgane behalten aber Restbefugnisse, soweit die Insolvenzmasse nicht betroffen ist (etwa für die Wahl und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern). Für die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich.
Von den beschränkten Möglichkeiten der Einflussnahme der Überwachungsorgane nach erfolgter Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung zu unterscheiden ist die Frage, ob die Geschäftsleiter zum Zwecke der Sanierung ein Schutzschirmverfahren oder eine vorläufige Eigenverwaltung über die Köpfe der Gesellschafter hinweg einleiten dürfen oder ob dieser Schritt nicht vielmehr der Zustimmung der Überwachungsorgane (z.B. Aufsichtsrat, Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung) bedarf. Die Frage muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners und des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung der Gesellschaft und etwaiger Geschäftsordnungen sorgfältig analysiert und beantwortet werden, damit die Geschäftsleiter einerseits ihre Sanierungspflicht erfüllen, andererseits die Kompetenzordnung der Gesellschaft nicht missachten.
„Die Geschäftsführung sitzt in der sich zuspitzenden Krise schnell zwischen den Stühlen: Sie hat zum Wohle der Gesellschaft zu handeln und muss hierzu bei zentralen Weichenstellungen der Sanierung wie z.B. der Einleitung eines Schutzschirmverfahrens auch die Gesellschafter befragen. Sie hat aber auch die Interessen der Gläubiger mehr und mehr in den Blick zu nehmen. In dieser Situation braucht es zur Vermeidung einer persönlichen Haftung besondere Expertise und Erfahrung.“
Dr. Christoph Schulte-Kaubrügger
Partner, Berlin, Dortmund, Magdeburg
→ Erste Orientierung: 10 Fragen und 10 Antworten zur Eigenverwaltung