Distressed M&A

Erfahrung

Gegenstand einer „Distressed M&A“-Transaktion sind in eine finanzielle Krise geratene Unternehmen. Insoweit kann zwischen Transaktionen vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unterschieden werden. Transaktionen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgen im Grunde den allgemeinen Regeln eines M&A-Geschäfts. Gleichwohl ergeben sich sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer spezifische Risiken, die es in der Beratung zur jeweiligen Transaktionsstruktur zu adressieren gilt.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wechselt dann das grundlegende Regime hin zum Insolvenzrecht. Ein Insolvenzverwalter oder Sachwalter übernimmt die Verantwortung über das Zielunternehmen. Er entscheidet somit, ob und wie das Zielunternehmen verkauft werden soll. Insbesondere könnte der Insolvenzverwalter das Zielunternehmen im Wege eines Asset Deal oder eines Insolvenzplans übertragen.

Was ist beim Asset Deal zu beachten?

Bei einem Asset Deal können alle Vermögenswerte des Zielunternehmens (bewegliche sowie unbewegliche Vermögenswerte sowie Rechte und Ansprüche) gegen eine Gegenleistung und unter Zurücklassung der Schulden auf den Käufer übertragen werden. Hierbei kann der Umfang der des zu übertragenden Betriebs individuell in der Vertragsdokumentation festgelegt werden. Stellen die so übertragenen Vermögensteile einen (Teil-)Betrieb dar, werden die Arbeitsverhältnisse der diesem (Teil-)Betrieb zuzuordnenden Mitarbeiter automatisch mit auf den Käufer übertragen, sofern diese Arbeitnehmer nicht widersprechen. Die historischen Pensionsverbindlichkeiten bleiben jedoch beim Insolvenzschuldner zurück.

Restrukturierung über einen Insolvenzplan

Eine alternative Transaktionsstruktur bildet der Insolvenzplan. Hierbei bleibt die juristische Person des Zielunternehmens erhalten. Der Aktionär der Zielgesellschaft wird durch eine Kapitalherabsetzung auf null und eine anschließende Kapitalerhöhung durch den neuen Aktionär ausgetauscht. Der Austausch des Aktionärs wird direkt in den Insolvenzplan aufgenommen und bedarf keiner Zustimmung der ehemaligen Aktionäre. Technisch gesehen wird in einem solchen Szenario kein Kaufpreis gezahlt. Anstelle des Kaufpreises leistet der Käufer des Zielunternehmens einen Eigenkapitalbeitrag an das Zielunternehmen. Die Eigenkapitaleinlage wird dabei (zumindest teilweise) an die Gläubiger ausgeschüttet. Im Gegenzug verzichten die Gläubiger im Insolvenzplan auf alle weiteren Ansprüche, die sie gegen das Zielunternehmen haben. Die Folge ist, dass das Zielunternehmen ohne Schulden erworben wird. Ein Erwerber muss gleichwohl potenzielle (unerkannte) Risiken analysieren, die nicht Gegenstand des Verzichts im Insolvenzplan werden, weil er die rechtliche Hülle mit all ihren historischen Gegebenheiten erwirbt (z.B. Umweltbelastungen der Betriebsgrundstücke; Risiken aus in der Vergangenheit stattgefundenen Compliance-Verstößen etc.). Ein Vorteil ergibt sich wiederum daraus, dass die juristische Person des Zielunternehmens erhalten bleibt und der Käufer alle materiellen und immateriellen Vermögenswerte, Verträge und Mitarbeiter aber auch bestehende öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse übernimmt. Insoweit ist eine Transaktion über einen Insolvenzplan besonders für Unternehmen interessant, die komplexe Verträge mit Lieferanten und Kunden haben oder über wichtige Betriebserlaubnisse verfügen, die andernfalls erneuert werden müssten. Sofern der Käufer nicht alle bestehenden Verträge übernehmen möchte, müsste dieser mit dem Insolvenzverwalter verhandeln, dass er die jeweiligen Verträge kündigt (dies dürfte nach Eröffnung des Insolvenzverfahren kein Problem darstellen). Sofern der Käufer die Belegschaft reduzieren möchte, müsste er mit dem Insolvenzverwalter verhandeln, wie und zu welchen Kosten dies erreicht werden kann.

Enge Zusammenarbeit erforderlich

Erfolgreiches Distressed M&A erfordert, dass sowohl M&A-Experten als auch Restrukturierungsexperten eng in einem integrierten Team zusammenarbeiten und bei Bedarf auch in der Lage sind, kurzfristig dieses Team grenzüberschreitend zu erweitern, weil die Geschäftstätigkeit von Unternehmen (anders als das national gestaltete Insolvenzrecht) selten an der Landesgrenze haltmacht. White & Case hat in den letzten Jahren in zahlreichen Situationen bewiesen, dass sie ihre marktführende Expertise in den Bereichen M&A und Insolvenz- und Restrukturierung nahtlos kombinieren und damit ihren Mandaten zu erfolgreichen Lösungen verhelfen können.

Ihre Ansprechpartner:
Dr. Stefan Bressler, Partner, Frankfurt, Hamburg; Dr. Murad M. Daghles, Partner, Düsseldorf

Ausgewählte Verfahren

  • Beratung der US-amerikanischen Gesellschaft HDT Automotive Solutions (HDT) beim Kauf des deutschen Automobil- und Industriezulieferers Veritas.
  • Beratung im Zusammenhang mit dem Verkauf aller Vermögenswerte des deutschen Elektroautoherstellers e.GO Mobile AG. Die internationale Private Equity-Gesellschaft nd Industrial Investments B.V., Teil der nd Group B.V., beteiligte sich als Mehrheitsaktionär der Next.e.GO Mobile SE an der e.GO Mobile AG mit Sitz in Aachen.
  • Beratung der Polish Aviation Group (PGL), Eigentümer der polnischen Airline LOT, bei der beabsichtigten Übernahme der deutschen Condor Flugdienst GmbH (Condor).
  • Beratung von Asklepios im Rahmen des Bieterprozesses zum Erwerb der insolventen Paracelsus-Gruppe, einem Betreiber von insgesamt 27 Akut-Kliniken, Rehazentren und Medizinischen Versorgungszentren in Deutschland und der Schweiz.
  • Beratung der DK Company A/S beim Erwerb und der Restrukturierung der meinemarkenmode.de GmbH & Co. KG im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens. 
  • Beratung des Insolvenzverwalters Rüdiger Weiß beim Verkauf von großen Teilen des deutschen Traditionsunternehmens LOEWE Technologies GmbH (LOEWE).